Kino und Spiritualität: Workshop in Schloss Wiepersdorf
Workshop von und mit Maryam Palizban und Martin Treml

Workshop in Schloss Wiepersdorf
Organisiert von Maryam Palizban und Martin Treml
15.-17. September 2023
Im Vorspann von Le Mépris (1963) zitiert Jean-Luc Godard den Filmsoziologen und Kritiker André Bazin, der sagt, dass das Kino an die Stelle unseres Blicks eine Welt setze, die zu unserem Begehren passe. Es ist das Begehren nicht nur nach körperlicher und seelischer Erfüllung, sondern auch nach geistiger und spiritueller. Spiritualität ist kein Ableger von Religion oder Ersatz für sie, sie ist erfüllter Protest gegen die „Angst, abgeschnitten zu sein von der Realität; nicht zu leben, sondern zu ersticken und prämiert zu werden für das Einverständnis damit“ (Klaus Heinrich), was in unseren verwalteten Gesellschaften stets droht.
Die Beziehung zwischen Religion und Spiritualität bleibt in ihrer Komplexität ein Schauplatz der historischen Machtspiele, zwischen Individualität und Pluralismus, zwischen Stadt und Volk. In ihrem Kern werden beide in der Kultur wieder in ineinander geflochten und von der Machtstruktur befreit. So löst sich Spiritualität von Religion und transzendiert sich als ihre Gegenspielerin.
Dagegen setzt das Kino die Macht der Verzauberung und Entzauberung zugleich, ist Wunderkammer und technische Apparatur. Es lehrt uns zu sehen, aber auch Dinge und Verhältnisse anders zusammenzusetzen, als sie es immer schon waren. Es ist Ort von Regression und Aufklärung und war bis vor Kurzem der letzte Versuch, alles auf einmal zusammenzubringen, darzustellen und zu reflektieren. Heute ist die Wirklichkeit fragmentiert und privatisiert, aber es gibt immer noch die Filme, die etwas anderes zeigen und von etwas anderem erzählen.
Solche Filmbeispiele wurden auf diesem Workshop in Wiepersdorf gemeinsam angesehen und diskutiert. Mit dabei waren Filme aus Westeuropa, Osteuropa, Russland, dem Kaukasus und Iran.