Events | "Befragungen am Nullpunkt" mit der belarussischen Autorin Iryna Herasimovich

Mittwoch, 15. Dezember 2021, 19:00  |  Online, Aufzeichnung vom 12. November 2021

 

Als Belarus noch ein weißer Fleck auf der Landkarte war, gab es bereits eine eigenwillige, heterogene Kulturszene, die sich Räume schuf, in denen Vorstellungen von einem nicht gegängelten Leben Gestalt annahmen. Unter den ungünstigen Bedingungen des rigiden und auf die sowjetische Vergangenheit fixierten Systems konnte sich eine parallele Gesellschaft entwickeln, in Nischen, für viele unsichtbar. Die Repressionen, die seit der Zerschlagung der weiß-rot-weißen Proteste das Land überziehen und die Gesellschaft traumatisieren, haben auch diese Nischen aufgelöst.

Im Gespräch mit der Lektorin Katharina Raabe gibt Iryna Herasimovich Einblicke in diese Szene. Vieles bricht jetzt auf: verdrängte Konflikte, Illusionen, Hoffnungen und Enttäuschungen. „Wer steht an welchem Punkt? Was war davor? Was kommt danach?” Es ist heute überlebenswichtig, sich diesen Fragen zu stellen, um die Kontinuität der bedrohten Kulturszene, in und außerhalb von Belarus zu sichern.

Iryna Herasimovich wurde 1978 in Minsk geboren. Die Literaturübersetzerin und Essayistin hat AutorInnen wie Lukas Bärfuss, Franz Hohler, Dea Loher, Nora Gomringer, Jonas Lüscher und Ilma Rakusa ins Belarusische übersetzt. Sie arbeitet als Dramaturgin und Kuratorin im Bereich bildende Kunst und ist Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung und ist Stipendiatin der Kulturstiftung Schoss Wiepersdorf im Jahr 2021. Ihr Stipendium wurde von Peter Kleimeier und zahlreichen Spenderinnen und Spendern ermöglicht. Hierfür bedanken wir uns sehr herzlich.

Katharina Raabe, geboren in Hamburg, ist Literaturredakteurin beim Suhrkamp Verlag Berlin. Ihre Hauptaufgabe ist die Entdeckung und Herausgabe von mittel- und osteuropäischen Schriftstellerinnen und Schriftstellern in Deutschland. Die Publikationsliste 2000–2018 umfasste mehr als 200 Titel (Werke von Juri Andruchowytsch, Joanna Bator, György Dragomán, Katja Petrowskaja, Andrzej Stasiuk, Serhij Zhadan, Tomas Venclova u.a.). In jüngster Zeit konzentriert sich ihre redaktionelle Arbeit auf russische und ukrainische Literatur und Themen.

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